Bericht des Bundesrates zur Entschädigung pflegender Angehöriger
Der Bundesrat hat aktuell in einem Bericht festgehalten, dass der Einbezug von Angehörigen ein wichtiger Pfeiler der Gesundheitsversorgung ist. Die Möglichkeit für pflegende Angehörige, auf Kosten der Krankenversicherung angestellt und bezahlt zu werden, sollte beibehalten werden. Spitex Schweiz spricht von verpasster Chance.
Seit einem Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts aus dem Jahr 2006 können Angehörige von pflegebedürftigen Personen für die von ihnen geleistete Grundpflege entschädigt werden, wenn sie von einer Organisation der Krankenpflege und Hilfe zu Hause angestellt sind. Die Praxis hat sich in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet, und einige Organisationen beschäftigen fast ausschliesslich pflegende Angehörige. Diese Entwicklung stösst auf Kritik, insbesondere wegen der potenziell hohen Gewinne dieser Organisationen, die die Krankenversicherung, die Kantone und die Gemeinden mit zusätzlichen Kosten belasten. Diese Tendenz wird im Bericht «Pflegeleistungen pflegender Angehöriger im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung» in Erfüllung verschiedener parlamentarischer Vorstösse analysiert.
Ein Beitrag für noch bessere Begleitung
Der Bericht hält fest, dass pflegende Angehörige eine wesentliche Rolle im Gesundheitssystem spielen und dazu beitragen, die Auswirkungen des Fachkräftemangels im Pflegebereich abzumildern. Der Bund beurteilt die Option, sich von einer Spitex-Organisation für die Pflege von Angehörigen anstellen zu lassen, positiv, sofern die im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) festgehaltenen Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit und die Qualität der Leistungen gewährleistet sind.
Die Vergütung von Pflegeleistungen, die von Angehörigen erbracht werden, die von einer Spitex-Organisation angestellt sind, richtet sich nach den Bestimmungen des KVG. Der Bericht kommt zum Schluss, dass die Rechtsprechung und die gesetzlichen Bestimmungen diese Leistungen ausreichend definieren und begrenzen. Organisationen, die pflegende Angehörige beschäftigen, sind verpflichtet, die Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit und die Qualität zu erfüllen. Die Kantone und die Versicherer verfügen über Instrumente, um sicherzustellen, dass diese Organisationen die diesbezüglichen gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Im Rahmen der Zulassung von Leistungserbringungen zu Lasten der OKP können die Kantone beispielsweise verlangen, dass die Angestellten über die erforderliche Ausbildung verfügen oder dass die Spitex-Organisationen über das notwendige Personal verfügen, um die angestellten pflegenden Angehörigen zu begleiten und zu beaufsichtigen. Die Verbände der Spitex-Organisationen können, insbesondere in den gesetzlich vorgesehenen Qualitätsverträgen, einheitliche Regeln für alle in der Schweiz tätigen Spitex-Organisationen festlegen. Die Versicherer müssen unter anderem prüfen, ob die Leistungen wirtschaftlich erbracht werden.
Ausserdem steht die Tatsache, dass solche Organisationen Gewinne erzielen, grundsätzlich nicht im Widerspruch zum KVG, solange ihre Leistungen wirksam sind, sowie wirtschaftlich und in der notwendigen Qualität erbracht werden. Bei der Pflegefinanzierung haben die Kantone die Möglichkeit, die Vergütung von Pflegeleistungen, die von Angehörigen erbracht werden, zu begrenzen und so ungerechtfertigt hohe Gewinne zu vermeiden und eine angemessene und wirtschaftliche Vergütung zu gewährleisten, die keine falschen finanziellen Anreize schafft.
Das BAG wird Kantone und verantwortliche Akteure begleiten
Zwar verfügen die involvierten Akteure über ausreichende Instrumente, um den unerwünschten Effekten beim Einsatz pflegender Angehöriger entgegenzuwirken, doch werden diese Instrumente noch nicht systematisch und kohärent genug eingesetzt, um die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Leistungen sicherzustellen. Der Bundesrat schlägt den Akteuren daher verschiedene Massnahmen vor, um hier Abhilfe zu schaffen. Er empfiehlt den Kantonen beispielsweise, genaue Richtlinien für die Anstellung von pflegenden Angehörigen zu erlassen und insbesondere für ausreichend Personal zu sorgen, die die pflegenden Angehörigen unterstützen. Spitex-Organisationen sollten zudem auf ihren Rechnungen systematisch ausweisen, ob Leistungen von pflegenden Angehörigen erbracht wurden.
Der Bundesrat beauftragt das Bundesamt für Gesundheit (BAG), die verantwortlichen Akteure (Leistungserbringer, Kantone und Versicherer) bei der Umsetzung der im Bericht empfohlenen Massnahmen zu begleiten und zu unterstützen.
Spitex Schweiz spricht von verpasster Chance
Spitex Schweiz begrüsst den lang erwarteten Bericht des Bundesrats zur Anstellung von pflegenden Angehörigen. Der Bericht anerkennt die Bedeutung pflegender Angehöriger, liefert wichtige Grundlagen und thematisiert die von Spitex Schweiz seit längerem eingebrachten Kritikpunkte. Dennoch will der Bundesrat auf die Einführung schweizweit einheitlicher und verbindlicher Regeln verzichten. Für Spitex Schweiz ist klar: Ohne verbindliche Vorgaben bleiben Qualität, Fairness und Rechtssicherheit dem Zufall überlassen. Jetzt braucht es rasch konkrete Handlungen von Bund, Kantonen, Versicherern und von den Leistungserbringern.
Quellen: Medienmitteilung BAG, Medienmitteilung Spitex Schweiz
Bild: Spitex Schweiz / Monika Flückiger