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26.05.2025

«Eine gute Idee allein ist noch lange keine Innovation»

Seit Januar 2024 leitet Vivi Seljmani die Fachstelle Spitexentwicklung und Ausbildung des Verbands. Im Interview, das Dominik Weber anlässlich der Delegiertenversammlung 2025 mit der Pflegeexpertin führte, äussert sie sich zur Rolle von APN im Spitex-Umfeld und dazu, wo die Spitex in Sachen Innovationen steht. Und sie sagt, was die Mitglieder derzeit am meisten beschäftigt.

Text: Dominik Weber-Rutishauser

Vivi, wir haben mit dir zum Stellenantritt ein Interview geführt. Dabei hast du unter anderem gesagt, dass du im Berufsbild der APN (Advanced Practice Nurse; Pflegeexpertin, -experte) eine zentrale Anlaufstelle für alle Beteiligten des Spitex-Umfelds siehst und diese eine interprofessionelle Zusammenarbeit erleichtern. In einigen Spitex-Organisationen werden Pflegeexpertinnen und -experten bereits eingesetzt. Inwiefern findet diese «Erleichterung» statt?

Ich bin überzeugt, dass APNs eine zentrale Rolle in der interprofessionellen Zusammenarbeit im Spitex-Umfeld einnehmen können. Dank ihrer fundierten fachlichen Expertise und der umfassenden Ausbildung sind sie prädestiniert, als zentrale Anlaufstelle zu agieren. Dabei übernehmen sie nicht nur klassische pflegerische Aufgaben, sondern können auch in den Bereichen Beratung, Koordination und Kommunikation entscheidend dazu beitragen, verschiedene Berufsgruppen effektiv miteinander zu vernetzen. Durch ihre Brückenfunktion wird der Informationsfluss verbessert, was wiederum zu einer ganzheitlichen, klientenzentrierten Betreuung führt. Zudem können APNs zur Optimierung der Pflegeplanung, des Klientinnen- und Klientenmanagements und der Qualitätssicherung beitragen. Dies schafft nicht nur Transparenz, sondern fördert auch die interprofessionelle Zusammenarbeit, indem alle Beteiligten auf einen gemeinsamen Wissensstand hinarbeiten und ihre Expertise gezielt einbringen. Insgesamt sehe ich die Implementierung von APNs als einen wichtigen Schritt, um die Versorgungsqualität in der Spitex weiter zu steigern und den Herausforderungen einer zunehmend komplexen Betreuung der Klientinnen und Klienten erfolgreich zu begegnen.

 

Im selben Interview hast du gesagt, dass du neben der Fachentwicklung und Qualitätsförderung einen Schwerpunkt auf Innovationsprojekte und zukünftige Trendentwicklungen setzen möchtest und dass du im Bereich Digitalisierung und Nachhaltigkeit Potenzial siehst, Neuerungen einzuführen. Was ist dir im vergangenen Jahr aufgefallen, wo steht die Spitex in Sachen Innovationen?

Bevor ich näher auf die Innovationsprojekte eingehe, möchte ich kurz auf das Wort Innovation eingehen und was es für mich bedeutet: Im konkreten Sinne spricht man von Innovation, wenn neue Ideen, Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse eingeführt werden, die einen echten Mehrwert bringen – sei es durch Effizienzsteigerung, Problemlösung, Qualitätsverbesserung oder einen gesellschaftlichen Nutzen. Eine gute Idee allein ist also noch lange keine Innovation. Sie wird erst zur Innovation, wenn sie umgesetzt und in der Praxis wirksam wird.

Im vergangenen Jahr ist mir besonders aufgefallen, dass die Spitex in Sachen «Innovation» im Wandel ist: Viele Organisationen zeigen grosses Interesse daran, neue Wege zu gehen, gerade in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Ich nehme auch wahr, dass eine zunehmende Offenheit vorhanden ist, Bestehendes zu hinterfragen und neue Ideen zuzulassen – das stimmt mich zuversichtlich. Erste Projekte – etwa zur Digitalisierung, auch in Verbindung mit Robotic Process Automation (RPA)[1], – sind auf dem besten Wege, sich zu etablieren. Gleichzeitig gibt es neue Bewegungen zum Thema Nachhaltigkeit, sei es im Bereich der Mobilität oder auch beim Thema New Work.

 

Als Leiterin der Fachstelle Spitex-Entwicklung bist du in regelmässigem Kontakt mit unseren Mitgliedern. Welche Themen beschäftigen unsere Mitglieder am meisten?

Ich nehme vier Themenfelder wahr, die die Mitglieder derzeit stark umtreiben:

  • Personalgewinnung und -entwicklung: Der Fachkräftemangel in der Spitex und die Entwicklung von nachhaltigen Konzepten zur Mitarbeitendengewinnung und -förderung sind zentrale Themen, die immer wieder zur Sprache kommen. Vor allem im Ausbildungsbereich wird dies deutlich, da die Ausbildungsverpflichtung in den Kantonen St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden seit 2024 gesetzlich verankert ist.
  • Im Bereich Qualitätssicherung und regulatorische Anforderungen ist CIRS[2] aktuell ein wichtiges Thema: Viele Mitglieder beschäftigen sich intensiv mit den immer wiederkehrenden Herausforderungen im Bereich der Qualitätssicherung, neuen gesetzlichen Vorgaben und der fortlaufenden Optimierung von Prozessen.
  • Austausch und Vernetzung: Viele Mitglieder schätzen den interprofessionellen Austausch und das Lernen durch Best-Practice-Beispiele anderer Spitex-Organisationen – sei es zur Bewältigung von Herausforderungen oder zur Entwicklung innovativer Lösungen im Alltag. Es entstanden zudem neue Arbeitsgruppen innerhalb des Verbands, etwa jene zu Palliative Care und Psychiatrie oder zu CIRS.
  • Vereinheitlichung und klare Strukturen: Ob bei bestehenden Dokumenten oder bei der gemeinsamen Erstellung neuer Vorlagen: Das Bedürfnis nach klaren, einheitlichen Strukturen ist für mich deutlich spürbar. Gerade in einem Umfeld mit vielen Mitgliedern, hoher Komplexität und stetigem Wandel ist es zentral, dass alle auf standardisierte und gut verständliche Unterlagen zurückgreifen können. Da haben wir bereits interne Anpassungen durchgeführt, welche sehr gut bei unseren Verbandsmitgliedern angekommen sind.

 

Als letzte Frage noch: Welche Rolle siehst du in deiner Aufgabe als Leitung Spitexentwicklung und Ausbildung?

Ich sehe meine Rolle vor allem dort, wo der Wunsch nach fachlicher Begleitung, Koordination und strategischer Einordnung und eben auch Initiierung von innovativen Projekten besteht – das heisst Impulse geben, vernetzen und Entwicklungen mit Weitblick unterstützen.

 

Weitere Informationen

 

[1] Etwa der Bot «Sidney 1.0» für die Abrechnung der Spitex-Leistungen der OASE Gruppe

[2] Critical Incident Reporting System


 
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